Zusammenfassung von BGer-Urteil 9C_24/2025 vom 29. August 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das vorliegende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils 9C_24/2025 vom 29. August 2025

1. Einleitung und Sachverhalt

Das Urteil betrifft eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Bereich der Invalidenversicherung (IV). Der 1962 geborene Beschwerdeführer A.__ meldete sich nach einer früheren Ablehnung (2009) im September 2021 erneut zum Leistungsbezug bei der IV an, geltend machend, an einer Somatisierungsstörung, einer mittelgradigen depressiven Episode und einer Targinabhängigkeit zu leiden. Im Rahmen der medizinischen Abklärungen holte die IV-Stelle des Kantons Zürich ein bidisziplinäres Gutachten der SMAB AG ein (20. Juli 2023). Gestützt darauf stellte sie im Oktober 2023 die Abweisung des Leistungsbegehrens in Aussicht (Vorbescheid).

Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ersuchte um Aktenzustellung, einschliesslich der Tonaufnahme der im Rahmen der Begutachtung erstellten Interviews. Die IV-Stelle bot an, einen provisorischen Zugangscode für eine auf einer Plattform gespeicherte Tonaufnahme an eine Mobiltelefonnummer zu senden oder die Tonaufnahme am Sitz der SVA Zürich abzuhören. Der Rechtsvertreter lehnte dies ab, da er kein für diesen Zweck verwendbares Mobiltelefon besitze, und verlangte die Zustellung der Tonaufnahme auf einem Datenträger (CD) oder via Secure-Mail. Andernfalls forderte er den Erlass einer anfechtbaren Verfügung über die Modalitäten des Zugangs. Die IV-Stelle lehnte dies ab und teilte mit, sie werde keine anfechtbare Verfügung über die Zugangsmodalitäten erlassen.

2. Verfahrensgang vor den Vorinstanzen

Der Beschwerdeführer reichte daraufhin Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ein. Er beantragte, ihm das rechtliche Gehör im Vorbescheidverfahren und uneingeschränkten Zugang zur Tonaufnahme zu gewähren. Eventualiter sei die IV-Stelle zu verpflichten, eine verfahrensleitende Verfügung über den Zugang zur Tonaufnahme zu erlassen und das materielle Verfahren zu sistieren. Das Sozialversicherungsgericht wies die Beschwerde mit Urteil vom 26. November 2024 ab, soweit es darauf eintrat. Es trat auf den Hauptantrag mangels Anfechtungsobjektes nicht ein und wies den Eventualantrag als unbegründet ab.

3. Rechtliche Problematik und Begründung des Bundesgerichts

Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor dem Bundesgericht. Das Bundesgericht prüfte zunächst die Zulässigkeit der Beschwerde gegen das vorinstanzliche Urteil, welches es als Zwischenentscheid qualifizierte.

3.1. Qualifikation des vorinstanzlichen Entscheids als Zwischenentscheid

Das Bundesgericht hielt fest, dass der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid, der lediglich den Streit über die Akteneinsicht, nicht aber das Hauptverfahren betreffend den IV-Leistungsanspruch abschliesst, selbst als Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG zu qualifizieren ist. Es verwies hierbei auf die ständige Rechtsprechung (BGE 133 V 477 E. 4.1.3). Zwischenentscheide sind nur unter restriktiven Voraussetzungen anfechtbar, namentlich wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG).

3.2. Fehlender nicht wieder gutzumachender Nachteil

Das Gericht untersuchte, ob die vom Beschwerdeführer verlangte Art der Akteneinsicht einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Hauptverfahren bewirken könnte.

  • Modalitäten versus materieller Umfang: Das Bundesgericht schloss sich der Vorinstanz an, wonach es sich vorliegend nicht um eine materielle Einschränkung des Akteneinsichtsrechts und damit nicht um eine Gehörsverletzung handle, sondern lediglich um die Regelung der Modalitäten der Akteneinsicht. Der Anspruch auf inhaltlich uneingeschränkte Einsicht in die Tonaufnahme sei von keiner Seite in Frage gestellt worden.
  • Zeitliche Verfügbarkeit: Die Vorinstanz stellte unbestritten fest, dass nach Ablauf der in der Regel 90-tägigen Gültigkeitsdauer des Zugangslinks jederzeit ein neues Akteneinsichtsgesuch gestellt werden kann. Damit seien auch in zeitlicher Hinsicht keine Restriktionen ersichtlich, die das Einsichtsrecht erheblich beeinträchtigen könnten.
  • Kein Nachteil durch bevorzugte Zugangsart: Das Bundesgericht bekräftigte, dass allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer bzw. sein Rechtsvertreter eine andere Art des Zugangs zur Tonaufnahme als die angebotenen Wege vorziehen würde, keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil darstellt. Es zog hier Parallelen zu früheren Bundesgerichtsentscheiden (BGE 139 V 492 und BGE 100 V 126), wo Streitigkeiten über Modalitäten des Akteneinsichtsrechts (z.B. Kopien statt Originale, oder Einsicht nur für Rechtsvertreter) ebenfalls keinen irreparablen Nachteil begründeten.
  • Nachholbarkeit des angeblichen Nachteils: Ein allfälliger Mangel im Zugang zu den Tonaufnahmen könnte, sollte der materielle Entscheid der IV zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausfallen und auf dem Gutachten basieren, im Rahmen einer Beschwerde gegen diesen Endentscheid wirksam gerügt werden (Art. 46 Abs. 2 VwVG). Das blosse Interesse, eine Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens zu vermeiden, genügt grundsätzlich nicht für die Annahme eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils.

3.3. Keine Verletzung der Rechtsweggarantie und Ablehnung der Ausnahme vom Nachteilsprinzip

Da die die Modalitäten der Akteneinsicht regelnde Entscheidung der IV-Stelle den Charakter eines Zwischenentscheides hatte, der mangels nicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht selbstständig anfechtbar war, war das Nichteintreten der Vorinstanz auf den Hauptantrag rechtens. Eine Verletzung der Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) fiel somit von vornherein ausser Betracht.

Das Bundesgericht wies auch den Einwand des Beschwerdeführers zurück, die Frage der Tonaufnahme sei von grundsätzlicher Bedeutung und im öffentlichen Interesse, was eine Ausnahme vom Erfordernis des nicht wieder gutzumachenden Nachteils rechtfertigen würde (analog BGE 135 II 430). Es betonte erneut, dass es sich hier nicht um eine umfangsmässige Einschränkung des Akteneinsichtsrechts, sondern um die Art und Weise der Einsichtnahme handle. Solche Streitigkeiten über die Modalitäten berührten nicht die Verfahrensbeteiligung einer Partei, sondern Fragen der zweckmässigen Verwaltung, die keinen Ausnahmerechtsweg aufdrängen.

3.4. Eventualantrag

Aus den gleichen Gründen erachtete das Bundesgericht auch die Abweisung des Eventualbegehrens – die Anweisung an die IV-Stelle, eine verfahrensleitende Verfügung zum Zugang zur Tonaufnahme zu erlassen – als rechtens.

4. Schlussfolgerung

Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Beschwerde abzuweisen sei, soweit darauf einzutreten war. Das Gesuch um Sistierung des Verwaltungsverfahrens wurde damit gegenstandslos. Die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Urteilsgegenstand: Streit um die Modalitäten des Zugangs zu einer Tonaufnahme im Rahmen eines IV-Abklärungsverfahrens (Recht auf Akteneinsicht und rechtliches Gehör).
  • Qualifikation des Entscheids: Der Entscheid der Vorinstanz (kantonales Sozialversicherungsgericht) über die Akteneinsichtsmodalitäten ist ein Zwischenentscheid.
  • Zulässigkeit von Zwischenentscheid-Anfechtungen: Nur bei Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Einzig die bevorzugte Zugangsart oder die Vermeidung einer Verfahrensverlängerung gelten nicht als irreparabler Nachteil.
  • Gerichtliche Begründung: Das Bundesgericht verneint einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, da die angebotenen Zugangsmodalitäten (temporärer Online-Link, jederzeit erneuerbar; oder Abhören vor Ort) den materiellen Umfang des Akteneinsichtsrechts nicht einschränken. Es handle sich lediglich um eine Frage der "Art und Weise" der Akteneinsicht, nicht ihres "Umfangs".
  • Nachholbarkeit: Allfällige Nachteile könnten im Rahmen einer Beschwerde gegen den späteren materiellen Endentscheid der IV-Stelle gerügt werden (Art. 46 Abs. 2 VwVG).
  • Rechtsweggarantie/Praktisches Interesse: Weder eine Verletzung der Rechtsweggarantie noch ein Grund für eine ausnahmsweise Anfechtung aus "praktischem Interesse" liegen vor, da es um Verwaltungsmodalitäten, nicht um grundsätzliche Teilnahmerechte gehe.
  • Ergebnis: Die Beschwerde wurde abgewiesen.