Zusammenfassung von BGer-Urteil 5A_169/2024 vom 5. August 2025

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Gerne fasse ich das vorliegende Urteil des schweizerischen Bundesgerichts (5A_169/2024, 5A_171/2024 vom 5. August 2025) detailliert zusammen. Die beiden Rechtsmittel wurden aus prozessökonomischen Gründen vereinigt. B.A._ wird im Folgenden als "Beschwerdeführerin" und A.A._ als "Beschwerdegegner" bezeichnet.

I. Sachverhalt und Verfahrensgang (gekürzt)

Die Parteien, britische Staatsangehörige, heirateten im Jahr 2000 und haben drei gemeinsame Kinder (C.A._, D.A._, E.A.__). Nach mehreren Jahren im Ausland liessen sie sich in der Schweiz nieder. Seit Oktober 2015 leben sie getrennt. Der Beschwerdegegner lebt seit 2016 in einer neuen Beziehung und hat zwei weitere Töchter. Die Beschwerdeführerin lebt seit 2017 in einer Beziehung.

Am 7. Februar 2018 reichte der Beschwerdegegner die einseitige Scheidungsklage ein. Das Tribunal de première instance des Kantons Genf sprach am 21. Dezember 2022 die Scheidung aus und regelte diverse Nebenfolgen, darunter Unterhaltsbeiträge für die Kinder, die güterrechtliche Auseinandersetzung und die Teilung der beruflichen Vorsorge.

Gegen dieses Urteil legten beide Parteien Berufung bei der Chambre civile der Cour de justice des Kantons Genf ein. Mit Urteil vom 30. Januar 2024 reformierte die Chambre civile Teile des erstinstanzlichen Urteils, insbesondere die Kinderunterhaltsbeiträge und die güterrechtliche Auseinandersetzung. Eine spätere Berichtigung vom 12. März 2024 ergänzte das Urteil um Verzugszinsen für eine Entschädigung.

Gegen das Berufungsurteil erhoben beide Parteien Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht.

II. Wesentliche Punkte und rechtliche Argumente des Bundesgerichts

Das Bundesgericht befasste sich mit mehreren Hauptstreitpunkten: der güterrechtlichen Auseinandersetzung, der Teilung der beruflichen Vorsorge und den Unterhaltsbeiträgen für die Kinder.

A. Güterrechtliche Auseinandersetzung

  1. Einbeziehung von CHF 226'214 in die Errungenschaft der Beschwerdeführerin (Beschwerde B.A.)

    • Streitpunkt: Die Beschwerdeführerin bestritt, dass ein Betrag von CHF 226'214, der 2017 auf ihr Bankkonto überwiesen wurde (aus dem Verkauf einer hälftig im Miteigentum stehenden Immobilie), ihrer Errungenschaft zuzurechnen sei.
    • Argument der Beschwerdeführerin: Der Betrag sei kein Errungenschaftsgut, und die Parteien hätten eine Teilauseinandersetzung ihrer Vermögensverhältnisse vor der Scheidung beabsichtigt.
    • Begründung des Bundesgerichts:
      • Das Bundesgericht bestätigte die Vorinstanz: Da die Immobilie mit Errungenschaftsgütern und Hypothekardarlehen finanziert wurde, stellt der Verkaufserlös einen Wiederanlageertrag der Errungenschaft im Sinne von Art. 197 Abs. 2 Ziff. 5 ZGB dar und nicht Eigengut.
      • Unterhaltsleistungen, die ein Ehegatte erhält (gemäss Art. 163 ff., 173, 176 ZGB) und die nicht unmittelbar für den Lebensunterhalt verbraucht, sondern gespart werden, gehören zu seiner Errungenschaft. Der Betrag von CHF 53'163, der vom Verkaufsanteil des Beschwerdegegners für Unterhaltsrückstände und Prozesskostenvorschuss an die Beschwerdeführerin gezahlt wurde, war angesichts seiner Höhe als gespart zu betrachten und somit ebenfalls Errungenschaft. Das Bundesgericht verwies auf die herrschende Lehre (u.a. DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, Basler Kommentar, GUILLOD, Commentaire romand, FamKomm, Handkommentar).
      • Die Vereinbarung vom 29. August 2017 regelte primär die Verteilung des Verkaufserlöses der Villa, nicht die güterrechtliche Liquidation. Der Kaufvertrag enthielt zudem einen ausdrücklichen Vorbehalt, dass er "sans valoir règlement de leur régime matrimonial" gelte. Behauptungen der Beschwerdeführerin, sie sei über diese Klausel im Unklaren gewesen, sind irrelevant, da sie den Vertrag nicht anfocht.
      • Der Einwand der Beschwerdeführerin, der Zeitpunkt der Zahlung kurz vor Einreichung der Scheidungsklage sei verdächtig, wurde als irrelevant für die Qualifikation als Wiederanlageertrag der Errungenschaft zurückgewiesen.
    • Fazit: Die Rüge der Beschwerdeführerin ist unbegründet.
  2. Anrechnung der EMBA-Kosten des Beschwerdegegners (Beschwerde B.A. betreffend Art. 208 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB)

    • Streitpunkt: Die Beschwerdeführerin verlangte die Einbeziehung von EUR 91'000 (Kosten für einen Executive Master of Business Administration – EMBA), die der Beschwerdegegner vor der Scheidung für seine Ausbildung ausgegeben hatte, in dessen Errungenschaft, da sie ein bösgläubiges Verhalten zur Reduzierung der Errungenschaft vermutete (Art. 208 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB).
    • Argument der Beschwerdeführerin: Die Ausbildung habe sein Einkommen nicht erhöht, der Zeitpunkt sei verdächtig und er habe Schulden gehabt.
    • Begründung des Bundesgerichts:
      • Die Vorinstanz habe zu Recht festgestellt, dass der Beschwerdegegner keine Absicht hatte, die Beteiligung der Beschwerdeführerin am Ehegewinn zu schmälern. Das EMBA-Projekt sei ernsthaft und durchdacht gewesen und habe der beruflichen Weiterbildung gedient.
      • Der Vergleich der Einkommen sei korrekt erfolgt, da die Vorinstanz die Vorteile (Steuerbefreiung, Kostenübernahme für Privatschulen), die der Beschwerdegegner in seiner vorherigen Tätigkeit als internationaler Beamter genoss und die er infolge Kündigung verlor, bei der Beurteilung seiner Einkommensentwicklung berücksichtigt habe.
      • Der Zeitpunkt der Ausbildung und die vorhandenen Schulden des Beschwerdegegners genügten nicht, um eine bösgläubige Absicht nachzuweisen. Eine mögliche Einkommenssteigerung durch das EMBA würde auch der Schuldentilgung zugutekommen.
    • Fazit: Die Rüge der Beschwerdeführerin ist unbegründet.
  3. Eigentum am Volvo-Fahrzeug (Beschwerde B.A.)

    • Streitpunkt: Die Beschwerdeführerin bestritt, dass der Beschwerdegegner Alleineigentümer des Volvo-Fahrzeugs sei, und beanstandete die ihr auferlegte Entschädigung für den unberechtigten Verkauf.
    • Begründung des Bundesgerichts:
      • Die Vorinstanz hat festgestellt, dass der Beschwerdegegner das Fahrzeug 2009 mit seinen Errungenschaftsmitteln erworben hat und somit Alleineigentümer war. Die Beschwerdeführerin verwechselte Alleineigentum mit der Zuweisung zu Eigengut.
      • Die blosse Nutzung des Fahrzeugs nach der Trennung begründete kein Eigentum der Beschwerdeführerin. Der Fahrzeugausweis blieb auf den Namen des Beschwerdegegners.
      • Das Fahrzeug wurde zu Recht im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung als Errungenschaft des Beschwerdegegners berücksichtigt.
    • Fazit: Die Rüge der Beschwerdeführerin ist unbegründet.
  4. Schadenersatz für den Verkauf des Volvo-Fahrzeugs (Beschwerde A.A.)

    • Streitpunkt: Der Beschwerdegegner rügte unzureichenden Schadenersatz für den unberechtigten Verkauf des Fahrzeugs durch die Beschwerdeführerin und das Fehlen von Verzugszinsen im erstinstanzlichen Urteil.
    • Begründung des Bundesgerichts:
      • Die Vorinstanz hatte den Schaden auf CHF 5'700 (Verkaufspreis) festgelegt. Das Bundesgericht wies den Einwand des Beschwerdegegners zurück, der Schaden hätte dem Wert des Objekts und nicht dem Verkaufspreis entsprechen müssen, selbst unter Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR (Schadenbemessung nach richterlichem Ermessen). Das Gericht hatte keinen Ermessensmissbrauch begangen, indem es den Verkaufspreis als wahrscheinlichsten Schadenswert ansah.
      • Arbiträre Widersprüchlichkeit: Das Bundesgericht stellte fest, dass eine arbiträre Widersprüchlichkeit vorlag, da das Fahrzeug im Errungenschaftsverzeichnis des Beschwerdegegners mit CHF 10'000 bewertet wurde, während der Schadenersatz auf CHF 5'700 festgelegt wurde. Gemäss Art. 211 ZGB ist der Verkehrswert zum Zeitpunkt der Veräusserung (hier CHF 5'700) massgebend. Diese Korrektur würde die Errungenschaft des Beschwerdegegners jedoch weiter reduzieren, die bereits ein Defizit aufweist. Daher hatte diese Widersprüchlichkeit keinen Einfluss auf den Ausgang des Rechtsstreits.
      • Die Rüge bezüglich fehlender Verzugszinsen wurde durch die spätere Berichtigung des Berufungsurteils vom 12. März 2024, welche die Zinsen ab dem 17. Dezember 2020 zusprach, gegenstandslos.
    • Fazit: Die Rüge des Beschwerdegegners ist im Wesentlichen unbegründet oder gegenstandslos.

B. Teilung der beruflichen Vorsorge

  1. Australische Vorsorgevermögen (Beschwerde A.A. betreffend Art. 124e ZGB und Art. 16 IPRG)
    • Streitpunkt: Der Beschwerdegegner rügte die Verurteilung zur Zahlung einer "indemnité équitable" (gerechte Entschädigung) gemäss Art. 124e ZGB für die in Australien angesparten Vorsorgevermögen. Er argumentierte, die Teilung sei nicht "unmöglich" im Sinne dieser Bestimmung, und die Vorinstanz hätte das australische Recht gemäss Art. 16 IPRG prüfen müssen, um die Nichtanerkennung eines schweizerischen Urteils in Australien festzustellen.
    • Begründung des Bundesgerichts:
      • Schweizer Gerichte sind auch für ausländische Vorsorgeansprüche zuständig (Art. 63 Abs. 2 IPRG), wobei Schweizer Recht Anwendung findet (Art. 61 IPRG).
      • Das Bundesgericht bestätigte die weite Auslegung von Art. 124e Abs. 1 ZGB durch Lehre und die Botschaft des Bundesrats zur Revision des Zivilgesetzbuches (FF 2013 4341): Die Bestimmung findet bereits Anwendung, wenn es absehbar ist, dass eine in der Schweiz ergangene Entscheidung über die Teilung im betreffenden ausländischen Staat nicht anerkannt und vollstreckt wird oder deren Vollstreckung nicht gewährleistet werden kann. Eine strikte Nachweispflicht der "Unmöglichkeit" wird nicht gefordert, da der Gesetzgeber diese Problematik bei ausländischen Vorsorgevermögen antizipierte. Das Bundesgericht verwies auf seine frühere Rechtsprechung (5A_422/2015 vom 10. Februar 2016).
      • Das vom Beschwerdegegner vorgelegte Rechtsgutachten eines australischen Anwalts wurde als unzuverlässig erachtet, da es keine rechtlichen Grundlagen oder Präzedenzfälle nannte und lediglich eine Meinung darstellte.
      • Angesichts der inhärenten Schwierigkeiten bei der Vollstreckung solcher Entscheide in Australien (das weder dem Lugano-Übereinkommen noch dem Haager Unterhaltsabkommen angehört), war die Vorinstanz berechtigt, von einer hinreichend unsicheren Vollstreckung auszugehen und eine gerechte Entschädigung gemäss Art. 124e ZGB zuzusprechen, um die Verfahrensökonomie und Einheit des Scheidungsurteils zu gewährleisten, ohne das ausländische Recht eingehender prüfen zu müssen.
      • Ein neues Argument des Beschwerdegegners, die schweizerische Vorsorgekasse solle den australischen Anteil auszahlen, wurde als im Bundesgerichtsverfahren unzulässig erklärt (Art. 2.4 LTF), da es erstmals vor Bundesgericht vorgebracht wurde.
      • Es wird darauf hingewiesen, dass Art. 124e Abs. 2 ZGB die Möglichkeit einer Abänderung des Scheidungsurteils offenlässt, falls die australischen Vorsorgevermögen später durch ein australisches Urteil geteilt werden.
    • Fazit: Die Rüge des Beschwerdegegners ist unbegründet.

C. Kinderunterhaltsbeiträge

  1. Feststellung des Einkommens der Beschwerdeführerin (Beschwerde A.A. betreffend Art. 160, 316 ZPO)

    • Streitpunkt: Der Beschwerdegegner rügte eine Verletzung von Art. 160 und 316 ZPO, weil die Vorinstanz seine Anträge auf weitere Beweismittel zur Feststellung des Einkommens der Beschwerdeführerin abgelehnt hatte.
    • Begründung des Bundesgerichts:
      • Gemäss Art. 317 Abs. 1bis ZPO (sofort anwendbar nach Art. 407f ZPO) sind neue Tatsachen im Berufungsverfahren bei Kindesunterhaltsfragen zulässig. Die Vorinstanz hat die Rüge des Beschwerdegegners zu Recht behandelt.
      • Arbiträre Beweiswürdigung: Die Vorinstanz stellte fest, dass die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Lohnabrechnungen für 2023 unzuverlässig seien, da sie mögliche Leistungsprämien nicht enthielten. Statt weitere Dokumente anzufordern (die der Beschwerdegegner explizit verlangt hatte, z.B. Lohnbescheinigungen und Steuererklärungen für 2022/2023), stützte sich die Vorinstanz auf die Steuerveranlagung von 2019. Dies sei willkürlich, da sie die Unzuverlässigkeit der aktuellen Dokumente feststellte, aber keine weiteren Beweismittel anforderte, um die Kontinuität von Prämienzahlungen zu prüfen.
    • Fazit: Die Rüge des Beschwerdegegners ist begründet. Das Urteil wird in diesem Punkt aufgehoben und zur Ergänzung des Sachverhalts und Neubeurteilung des Einkommens der Beschwerdeführerin an die Vorinstanz zurückgewiesen.
  2. Berücksichtigung diskretionärer Prämien im Einkommen des Beschwerdegegners (Beschwerde A.A. betreffend Art. 276 ZGB, 18, 322, 322d OR)

    • Streitpunkt: Der Beschwerdegegner rügte die Berücksichtigung von diskretionären Prämien in seinem Einkommen für die Unterhaltsberechnung. Er berief sich auf arbeitsrechtliche Bestimmungen.
    • Begründung des Bundesgerichts:
      • Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen (Art. 18, 322, 322d OR) zur Qualifizierung von Prämien als diskretionär oder garantiert sind im familienrechtlichen Unterhaltsstreit nicht massgebend. Im Familienrecht ist entscheidend, welches Einkommen der Unterhaltsschuldner voraussichtlich in Zukunft erzielen wird.
      • Die Rechtsprechung besagt, dass auch schwankende oder nach Ermessen gewährte Prämien dann zu berücksichtigen sind, wenn sie tatsächlich und regelmässig über einen längeren Zeitraum gezahlt wurden, um einen Durchschnitt zu bilden.
      • Nuancierung der Rechtsprechung: Das Bundesgericht stellte fest, dass eine strikte Anwendung dieser Rechtsprechung problematisch sein kann, wenn der Schuldner erst seit kurzer Zeit bei einem neuen Arbeitgeber ist, aber die Zahlung einer Bonusleistung aufgrund ihres erheblichen Anteils am Gesamteinkommen sehr wahrscheinlich ist. In solchen Fällen ist es zweckmässiger, die Prämie zu berücksichtigen und die Beweislast für eine allfällige spätere Anpassung auf den Schuldner zu legen, falls die Prämien doch nicht wie erwartet anfallen.
      • Der Beschwerdegegner hatte bereits nach weniger als vier Monaten eine leistungsbezogene Prämie erhalten. Die Vorinstanz durfte daher willkürfrei davon ausgehen, dass die vertraglich vorgesehene jährliche Leistungsprämie von CHF 43'640 brutto (CHF 37'094 netto) sehr wahrscheinlich auch pro rata temporis für den Rest des Jahres 2023 gezahlt und somit in seine Einkommensberechnung einbezogen werden würde.
      • Der Vorwurf mangelnder Begründung (Art. 29 Abs. 2 BV) bezüglich der als "garantiert" bezeichneten Prämie wurde zurückgewiesen. Die Vorinstanz differenzierte hinreichend zwischen der leistungsbezogenen Prämie (garantiert, wenn Leistung erbracht) und der vom Unternehmensergebnis abhängigen Prämie (deren Höhe ungewiss war).
      • Der sogenannte "Sign-on Bonus" von CHF 20'000 wurde von der Vorinstanz korrekt nur für das Jahr 2023 (im Jahr des Erhalts) in die Einkommensberechnung einbezogen und nicht für die Folgejahre. Dies war nicht willkürlich, im Gegensatz zu einem früheren Fall, wo ein solcher Bonus in die Grundvergütung integriert worden war.
    • Fazit: Die Rüge des Beschwerdegegners ist unbegründet.
  3. Zeitpunkt der Fälligkeit der Unterhaltsbeiträge (dies a quo) (Beschwerde A.A. betreffend Art. 276 ZGB)

    • Streitpunkt: Der Beschwerdegegner rügte die Festsetzung des dies a quo für die Kinderunterhaltsbeiträge auf den 23. März 2023.
    • Begründung des Bundesgerichts:
      • Grundsätzlich treten Unterhaltsbeiträge mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils in Kraft (ATF 142 III 193). Der Richter kann davon abweichen, muss dies aber begründen (ATF 150 III 305 E. 3.2.2 nicht publiziert).
      • Die Vorinstanz ging fälschlicherweise davon aus, dass die Rechtskraft des Scheidungsprinzips der Regelfall sei oder unterliess es, eine Abweichung vom Grundsatz zu begründen.
      • Da die Berufung des Beschwerdegegners gegen die Unterhaltsbeiträge deren Rechtskraft gemäss Art. 315 Abs. 1 ZPO aufschob, wurden die provisorisch während des Scheidungsverfahrens festgesetzten Beiträge nie durch die im Scheidungsurteil festgesetzten Beiträge ersetzt.
    • Fazit: Die Rüge des Beschwerdegegners ist begründet. Das Urteil wird in diesem Punkt aufgehoben und an die Vorinstanz zur Neufestsetzung des dies a quo mit entsprechender Begründung zurückgewiesen.
  4. Konkubinat der Beschwerdeführerin (Beschwerde B.A. betreffend Art. 9, 8 ZGB, 179 ZPO)

    • Streitpunkt: Die Beschwerdeführerin rügte die willkürliche Feststellung der Vorinstanz, sie lebe in einem Konkubinat.
    • Begründung des Bundesgerichts:
      • Die Vorinstanz stützte ihre Feststellung auf Ungereimtheiten in den Meldungen des Lebensgefährten an die Behörden (z.B. frühere Wohnsitzwechsel, fehlende Abmeldung, Angabe einer Hauptwohnung, während er dauerhaft an einem anderen Ort wohnte) und die Unfähigkeit der Beschwerdeführerin, die Miete von CHF 3'500 alleine zu tragen.
      • Die Vorinstanz hat die Beweiskraft der öffentlichen Register (Art. 9 ZGB, 179 ZPO) nicht willkürlich missachtet, sondern begründet dargelegt, warum sie die Ungenauigkeit der dortigen Angaben für bewiesen hielt. Die Beschwerdeführerin legte keine substanziellen Gegenargumente vor.
      • Es lag keine Umkehr der Beweislast (Art. 8 ZGB) vor. Die Vorinstanz hat lediglich dargelegt, warum die vorgelegten Atteste die Annahme eines Konkubinats nicht widerlegen konnten.
      • Der Umstand, dass der Lebensgefährte nicht im Mietvertrag stand, wurde als irrelevant erachtet, da dies bereits bei einem früheren gemeinsamen Wohnsitz der Fall war. Ein von der Gegenseite vorgelegter Detektivbericht wurde als nicht ausschlaggebend erachtet, da er nur punktuelle Beobachtungen über einen zu kurzen Zeitraum umfasste.
    • Fazit: Die Rüge der Beschwerdeführerin ist unbegründet.
  5. Ansetzung der Lasten der Beschwerdeführerin (Beschwerde B.A.)

    • Streitpunkt: Die Beschwerdeführerin rügte die Ansetzung ihrer Lasten, insbesondere die Reduzierung von Grundbetrag und Miete aufgrund des Konkubinats.
    • Begründung des Bundesgerichts: Da die Rügen betreffend das Konkubinat abgewiesen wurden, ist auch diese Rüge unbegründet.
    • Fazit: Die Rüge der Beschwerdeführerin ist unbegründet.
  6. Verteilung des Überschusses und Familienzulagen (Beschwerde B.A.)

    • Streitpunkt: Die Beschwerdeführerin beanstandete die Verteilung des familiären Überschusses und die Zuteilung der Familienzulagen an den Beschwerdegegner.
    • Begründung des Bundesgerichts: Angesichts der Rückweisung zur Neufeststellung des Einkommens der Beschwerdeführerin ist der Überschussbetrag derzeit ungewiss. Ebenso muss die Zuteilung der Familienzulagen neu beurteilt werden, da diese von den neu festzusetzenden Unterhaltsbeiträgen abhängen.
    • Fazit: Eine Entscheidung ist derzeit verfrüht. Dieser Punkt wird im Rahmen des Rückweisungsentscheids neu zu beurteilen sein.

D. Kosten der kantonalen Verfahren (Beschwerde A.A.)

  1. Streitpunkt: Der Beschwerdegegner rügte die Kostenverteilung in den kantonalen Verfahren.
  2. Begründung des Bundesgerichts: Aufgrund der Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung müssen die Kosten beider kantonalen Instanzen neu festgesetzt werden. Eine Prüfung der Rügen erübrigt sich zum jetzigen Zeitpunkt.

III. Schlussfolgerung des Bundesgerichts

  • Die Beschwerde der B.A.__ (5A_171/2024) wird, soweit zulässig, abgewiesen.
  • Die Beschwerde des A.A.__ (5A_169/2024) wird, soweit zulässig, teilweise gutgeheissen.
  • Das angefochtene Urteil wird hinsichtlich der Höhe der vom Beschwerdegegner zu zahlenden Kinderunterhaltsbeiträge, des Zeitpunkts der Fälligkeit (dies a quo) dieser Beiträge sowie der Kosten und Entschädigungen der erst- und zweitinstanzlichen Verfahren aufgehoben.
  • Die Sache wird an die Chambre civile der Cour de justice des Kantons Genf zur Ergänzung des Sachverhalts und Neubeurteilung der Einkünfte der Beschwerdeführerin und der daraus folgenden Neuberechnung der Kinderunterhaltsbeiträge sowie zur Neubeurteilung der Kosten und Entschädigungen der kantonalen Verfahren zurückgewiesen.
  • Im Übrigen wird die Beschwerde des A.A.__ abgewiesen.

Kosten und Entschädigung: Die Gerichtsgebühren von CHF 8'000 werden zu CHF 6'000 der B.A._ und zu CHF 2'000 dem A.A._ auferlegt. B.A._ hat A.A._ eine reduzierte Parteientschädigung von CHF 4'500 zu bezahlen.

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht hat in diesem Scheidungsverfahren mehrere Aspekte beurteilt:

  1. Güterrechtliche Auseinandersetzung: Sowohl die aus einem Immobilienverkauf stammenden Guthaben der Beschwerdeführerin als auch die EMBA-Kosten des Beschwerdegegners wurden von den kantonalen Gerichten korrekt als zur Errungenschaft gehörend bzw. nicht bösgläubig getätigt beurteilt. Die Entschädigung für den unberechtigten Verkauf des Volvo wurde zwar mit einer internen Bewertungsinkonsistenz behaftet, dies hatte jedoch keine Auswirkung auf das Endergebnis.
  2. Teilung der beruflichen Vorsorge (Ausland): Das Bundesgericht bestätigte die weite Auslegung von Art. 124e ZGB. Eine "gerechte Entschädigung" kann zugesprochen werden, wenn die Vollstreckung eines schweizerischen Teilungsurteils im Ausland (hier: Australien) voraussichtlich unsicher ist, ohne dass die strikte "Unmöglichkeit" bewiesen werden muss.
  3. Kinderunterhaltsbeiträge:
    • Einkommen der Beschwerdeführerin: Das Bundesgericht rügte die willkürliche Beweiswürdigung der Vorinstanz bezüglich des Einkommens der Beschwerdeführerin. Die Vorinstanz hatte aktuelle (als unvollständig befundene) Lohnausweise abgelehnt, aber auch keine weiteren Nachweise angefordert, um sich dann auf veraltete Steuerdaten zu stützen. Dieser Punkt wurde zur Neubeurteilung zurückgewiesen.
    • Einkommen des Beschwerdegegners (Boni): Das Bundesgericht bestätigte, dass leistungsbezogene Boni auch bei kurzer Anstellungsdauer im voraussichtlichen künftigen Einkommen berücksichtigt werden können, wenn ihre Zahlung wahrscheinlich ist. Die arbeitsrechtliche Einordnung der Boni ist für die familienrechtliche Unterhaltsberechnung nicht ausschlaggebend.
    • Zeitpunkt der Fälligkeit (dies a quo): Die Vorinstanz hat den Beginn der Unterhaltszahlung unbegründet auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsprinzips festgelegt. Der Grundsatz ist die Rechtskraft des Scheidungsurteils. Dieser Punkt wurde zur Neubeurteilung zurückgewiesen.
  4. Konkubinat der Beschwerdeführerin: Die Feststellung des Konkubinats durch die Vorinstanz basierte auf einer kohärenten Würdigung von Inkonsistenzen in Meldungen an Behörden und der finanziellen Situation der Beschwerdeführerin und wurde vom Bundesgericht bestätigt.

Insgesamt wurde die Beschwerde des Beschwerdegegners teilweise gutgeheissen, und die Sache zur Neubeurteilung der Kinderunterhaltsbeiträge (Einkommen der Beschwerdeführerin, dies a quo) und der kantonalen Kosten an die Vorinstanz zurückgewiesen. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin wurde abgewiesen.