Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.
Das vorliegende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts, 6B_118/2024 vom 14. November 2025, behandelt die Beschwerde von A.__ gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau. Der Beschwerdeführer wurde wegen Hinderung einer Amtshandlung, Pflichtverletzung im Sinne der aCovid-19-Verordnung besondere Lage sowie Widerhandlung gegen das kantonale Gastgewerbegesetz verurteilt. Die zentralen Streitpunkte vor Bundesgericht betreffen die Verwertbarkeit der im Rahmen von Betriebskontrollen erhobenen Beweise, die willkürliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung sowie die Anwendbarkeit des Grundsatzes der "lex mitior" auf die aCovid-19-Verordnung.
1. Sachverhalt und Vorinstanzliche Würdigung
Dem Beschwerdeführer A._, als verantwortliche Person der B._ Bar, wird vorgeworfen, am 14. September 2021 den städtischen Kontrolleur C._ und zwei Polizeibeamte am Zutritt bzw. der Durchführung einer Betriebskontrolle zur Überprüfung der Covid-19-Massnahmen gehindert zu haben. Des Weiteren soll er am 17. September 2021 die Covid-19-Zertifikatspflicht bei mindestens vier Gästen missachtet haben. Das Bezirksgericht Frauenfeld und das Obergericht des Kantons Thurgau sprachen A._ in allen Anklagepunkten schuldig.
2. Verwertbarkeit der Beweise (E. 2)
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe Bundes- und Völkerrecht verletzt, indem sie die bei den Betriebskontrollen vom 14. und 17. September 2021 gewonnenen Beweise als verwertbar erachtete. Er argumentiert, die Gemeinde und die Polizei hätten aufgrund eines Facebook-Flyers, in welchem die Bar ihre Schliessung aufgrund des "Zertifikats-Wahnsinns" ankündigte und für Gruppentreffen von Diskriminierungsopfern öffnete, bereits einen Anfangsverdacht gehabt. Die Kontrollen hätten somit den Regeln der Strafprozessordnung (StPO) unterstehen müssen, und er hätte über seine Rechte belehrt werden müssen. Da dies nicht geschehen sei, seien sämtliche Beweise und Folgebeweise gemäss Art. 141 Abs. 1 und Abs. 4 StPO unverwertbar.
2.1. Abgrenzung zwischen Polizeirecht und Strafprozessrecht: Das Bundesgericht erinnert daran, dass das entscheidende Kriterium für die Anwendbarkeit der StPO der strafprozessuale Anfangsverdacht ist (BGE 146 I 11 E. 4.1). Vor dessen Vorliegen fallen polizeiliche Tätigkeiten zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unter das kantonale Polizeirecht als "polizeiliche Vorermittlungen". Ein Untersuchungsverfahren nach StPO wird erst eröffnet, wenn ein hinreichender Tatverdacht vorliegt (Art. 309 Abs. 1 StPO).
2.2. Beurteilung der Kontrollen: * Kontrolle vom 14. September 2021: Das Bundesgericht bestätigt die vorinstanzliche Feststellung, dass es sich um eine verwaltungsrechtliche Betriebskontrolle zur Einhaltung des Gastgewerbegesetzes handelte. Die Gemeinde hatte primär einen Patententzug angedroht, nicht eine Strafanzeige. Die Polizei wurde lediglich zur Unterstützung und zum Schutz des Kontrolleurs C.__ beigezogen. Der Flyer allein begründete nach Auffassung des Gerichts keinen genügend konkreten Anfangsverdacht, da noch völlig unklar war, ob und welche Straftat vorlag. Der vom Beschwerdeführer angeführte Vergleich mit BGE 1B_293/2013 (Drogendealer-Fall) wird als nicht einschlägig verworfen, da dort bereits ein Strafverfahren eröffnet war. * Kontrolle vom 17. September 2021: Auch hier sah das Bundesgericht keinen hinreichenden Anfangsverdacht, der die Anwendung der StPO gerechtfertigt hätte. Die Vorinstanz stellte zu Recht fest, dass angesichts des vorangegangenen Verhaltens des Beschwerdeführers, welcher den Zutritt am 14. September verweigert hatte, davon ausgegangen werden musste, dass er Uniformierte erneut abweisen würde. Die Absprache des Vorgehens mit der Polizei, einschliesslich des Einsatzes von Zivilbeamten, diente der Sicherstellung einer erfolgreichen administrativen Kontrolle und stellte keine verdeckte strafprozessuale Ermittlung dar. Die diffuse Vermutung eines Verstosses gegen die Covid-19-Verordnung reichte nicht für einen Anfangsverdacht im Sinne der StPO aus.
2.3. Fazit zur Verwertbarkeit: Da zu den Zeitpunkten der Kontrollen kein strafprozessualer Anfangsverdacht vorlag, war die StPO nicht anwendbar, und eine Belehrungspflicht über Aussage- und Mitwirkungsverweigerungsrechte bestand nicht. Die erhobenen Beweise sind verwertbar. Für die Schuldsprüche vom 14. September 2021 (Hinderung Amtshandlung, GastG-Verstoss) sind das Kontrollprotokoll und allfällige im Verwaltungsverfahren gewonnene Erkenntnisse nicht relevant, da der Beschwerdeführer den Zugang unbestritten verweigerte. Auch für den 17. September 2021 vermag der Beschwerdeführer nicht darzulegen, dass die vorinstanzliche Beweiswürdigung ohne das Kontrollprotokoll in ihrer Gesamtheit willkürlich wäre.
3. Willkürliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung (E. 3)
Der Beschwerdeführer rügt eine offensichtlich falsche und damit willkürliche Sachverhaltsfeststellung.
3.1. Anforderungen an die Willkürrüge: Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Willkür in der Sachverhaltsfeststellung liegt nur vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. in klarem Widerspruch zur tatsächlichen Situation steht oder auf einem offenkundigen Fehler beruht (BGE 148 IV 356 E. 2.1). Die blosse Möglichkeit einer anderen Lösung genügt nicht. Die Willkürrüge muss substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt als Beweiswürdigungsregel keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung zu.
3.2. Spezifische Rügen des Beschwerdeführers: * Der Beschwerdeführer beschränkt sich grösstenteils auf appellatorische Kritik und seine eigene Sicht der Dinge, ohne die ausführlichen Erwägungen der Vorinstanz substanziiert anzufechten. * Hinsichtlich der Aussagen von C._ und der Polizeibeamten über sein Verhalten am 14. September 2021, rügt der Beschwerdeführer, er sei nicht aggressiv, sondern höflich und lediglich "wortgewandt" gewesen. Die Vorinstanz hatte jedoch festgestellt, dass er die Polizisten erfolgreich am Betreten hinderte, C._ des Lokals verwies, mit Eskalation drohte und sich verbal heftig gegen die Kontrolle wehrte, was die Beamten zum Verzicht auf ein Betreten bewog. Der Beschwerdeführer setzt sich mit diesen Feststellungen nicht ausreichend auseinander. * Die vorinstanzliche Feststellung, die Polizei habe vom Betreten des Lokals abgesehen, um eine Eskalation zu vermeiden und weil sie die Anzahl anwesender Gäste nicht abschätzen konnte, wird nicht willkürlich befunden. Selbst wenn C.__ als im Lokal befindlicher Kontrolleur die Anzahl Gäste hätte feststellen können, war die Polizei selbst nicht im Lokal, was die Einschätzung der Lage durch die Polizei nicht unhaltbar macht. Eine Verletzung des "in dubio pro reo" Prinzips liegt daher nicht vor.
3.3. Fazit zur Willkür: Die Willkürrüge des Beschwerdeführers ist unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann.
4. Anwendbarkeit des Grundsatzes "lex mitior" auf die aCovid-19-Verordnung (E. 4)
Der Beschwerdeführer rügt eventualiter eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und Bundesrecht bezüglich des Schuldspruchs wegen Verstosses gegen die aCovid-19-Verordnung besondere Lage. Er argumentiert, die Verordnung sei ein "Zeitgesetz im weiteren Sinn", auf das der Grundsatz "lex mitior" gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB Anwendung finden müsse, da die Verordnung zwischenzeitlich ausser Kraft gesetzt wurde.
4.1. Anspruch auf rechtliches Gehör: Das Bundesgericht stellt fest, dass die Vorinstanz sich sehr wohl mit der Unterscheidung zwischen Zeitgesetz im engeren und weiteren Sinn auseinandergesetzt und diese für die aCovid-19-Verordnung besondere Lage ausdrücklich verworfen hat. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt somit nicht vor.
4.2. Grundsatz der "lex mitior" und Zeitgesetze: * Art. 2 Abs. 2 StGB besagt, dass, wenn ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten eines Gesetzes begangen, aber erst danach beurteilt wird, das mildere Gesetz anzuwenden ist ("lex mitior"). Dieser Grundsatz gilt auch für Übertretungen und im Nebenstrafrecht. * Eine wesentliche Ausnahme bildet das Zeitgesetz: Für Erlasse, deren Geltung ausdrücklich oder gemäss ihrer Funktion von vornherein zeitlich beschränkt ist, findet die "lex mitior" keine Anwendung (BGE 116 IV 258 E. 4). Späteres milderes Recht, einschliesslich der ersatzlosen Aufhebung eines Zeitgesetzes, wirkt nicht auf die Beurteilung der während der Geltungsdauer begangenen Handlungen zurück. Dies, weil die Aufhebung eines Zeitgesetzes in der Regel auf geänderten tatsächlichen Verhältnissen und nicht auf einer geänderten Rechtsanschauung beruht.
4.3. Beurteilung der aCovid-19-Verordnung: Das Bundesgericht bestätigt seine bereits etablierte Rechtsprechung (Urteil 6B_824/2023 E. 4.2.2), wonach die aCovid-19-Verordnung besondere Lage ein Zeitgesetz ist. Ihre Geltung war von Anfang an auf die Dauer der "besonderen Lage" im Sinne des Epidemiengesetzes begrenzt. Ihre Aufhebung per 1. April 2022 erfolgte aufgrund einer geänderten epidemiologischen Lage (hohe Immunisierung der Bevölkerung), also geänderter tatsächlicher Verhältnisse, und nicht aufgrund der Ansicht, dass Verstösse nicht mehr strafwürdig seien. Der Umstand, dass das Ende der Pandemie nicht von vornherein absehbar war, ändert nichts an ihrem Charakter als Zeitgesetz. Somit findet der Grundsatz der "lex mitior" keine Anwendung, und die Strafbarkeit des Beschwerdeführers für die zum Tatzeitpunkt begangene Pflichtverletzung bleibt bestehen.
5. Hinderung einer Amtshandlung – BGE 105 IV 48 (E. 5)
Der Beschwerdeführer verweist auf BGE 105 IV 48, um den Schuldspruch wegen Hinderung einer Amtshandlung anzufechten. Das Bundesgericht folgt der vorinstanzlichen Begründung, dass dieser Entscheid nicht einschlägig ist. Im zitierten Fall sahen die Beamten von der Kontrolle ab, weil sie die Einwände des Betroffenen für berechtigt hielten. Im vorliegenden Fall hingegen verzichteten C.__ und die Polizei auf die weitere Durchführung der Kontrolle, weil der Beschwerdeführer sich aggressiv verhielt, mit Eskalation gedroht hatte und sie eine solche vermeiden wollten, insbesondere angesichts unklarer Gästezahlen im Lokal. Der Beschwerdeführer war zudem nach dem Gastgewerbegesetz zur Duldung der Kontrolle verpflichtet.
6. Strafzumessung, Verfahrenskosten und Entschädigung (E. 6)
Da der Beschwerdeführer diese Punkte ausschliesslich mit den beantragten Freisprüchen begründet, erübrigt sich eine separate Behandlung, nachdem die Schuldsprüche bestätigt wurden.
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
Die Beschwerde wurde somit abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte.